Reizdarmsyndrom

Reizdarmsyndrom

11% der Bevölkerung weltweit werden vom Reizdarmsyndrom (RDS) geplagt. Am häufigsten davon betroffen sind Frauen (ca. 76%) und junge Menschen (Durchschnittsalter 35,8 ± 12,6 Jahre). Darunter leiden nicht nur die Patient:innen selbst, sondern auch das Gesundheitssystem, da Personen mit RDS häufiger medizinische Hilfe in Anspruch nehmen müssen, zahlreiche Untersuchungen sowie teure Medikamente benötigen und öfter krankgeschrieben oder als arbeitsunfähig erklärt werden.

Hinzu kommt hierbei außerdem der enorme persönliche Leidensdruck. RDS-Patient:innen haben meist schwere Magen-Darm-Beschwerden, denen keine erkennbare organische oder biochemische Veränderung zugrunde liegt. Die chronischen Abdominalschmerzen resultieren deshalb häufig ebenfalls in Schlafschwierigkeiten, Depressionen, Angstzuständen und anderen psychologischen Problemen, welche durch die schwierige Diagnose und Behandlung noch verstärkt werden. Aufgrund der Verdauungsschwierigkeiten kommt es zudem oft zu Arbeitsunfähigkeit, dem Vermeiden sozialer Kontakte und Einschränkungen bei den Freizeitaktivitäten. All das beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen fast genauso sehr wie eine schwere COPD oder Herzinsuffizienz.

 


Es gibt aktuell keine Bildgebungsverfahren oder Labortests, welche funktionelle Magen-Darm-Krankheiten sicher diagnostizieren könnten. Stattdessen erfolgt die Diagnose rein auf Basis klinischer Kriterien und in der Praxis sehr oft als Ausschlusskriterium von organischen Krankheiten (u.a. Zöliakie, Morbus Chron, Magendarmtumoren) nach einer unauffälligen Bildgebung (Magenspieglung und Koloskopie) und kleineren Routinelabors.

Es wird vermutet, dass eine Störung der Gehirn-Darm-Interaktion und ein überempfindliches Magen-Darm-System zu diesen Symptomen führen. Die genauen Ursachen von RDS sind jedoch bis heute unklar. Aufgrund der mangelnden Kenntnisse über dieser Krankheit, kann sie nicht direkt mit Medikamenten therapiert, sondern lediglich ihre Symptome gelindert werden. Abhängig davon, wie die einzelnen Medikamente vertragen werden und wann eine Symptombesserung eintritt, wird die Behandlung hier individuell auf den Betroffenen abgestimmt.

  

Die aktuellen Leitlinien empfehlen, dass die RDS-Diagnose früher gestellt werden soll – besonders wenn folgenden Kriterien erfüllt sind: 

  1. Erste Beschwerden sind im Alter von < 50 Jahren aufgetreten,
  2. Alarmsymptome sind nicht vorhanden,
  3. das Blutbild, Entzündungsmarker (wie z.B. C-reaktives Protein) und Labortest für Zöliakie sind  unauffällig,
  4. der Calprotectin-Wert im Stuhl ist < 50 µg/g
  5. und die diagnostischen ROME-IV Kriterien sind erfüllt.  

Viele Ärzte erachten diese Kriterien jedoch zu restriktiv und unklar. Sie versuchen hier eine sicherere Diagnose zu stellen, indem sie eine gastroenterologische Bildgebung mit Magenspiegelung und Koloskopie anordnen. Bei unauffälligen Befunden stellen sie dann die RDS-Diagnose und empfehlen weitere Therapiemaßnahmen. Sprechen die Patient:innen auf diese Therapiemaßnahmen auch nach einem längeren Zeitraum nicht richtig an, müssen die behandelten Ärzte ihre RDS-Diagnose erneut hinterfragen und andere Krankheiten in Erwägung ziehen. In diesem sind aufkommende Zweifel, ob die RDS-Diagnose nicht zu früh getroffen wurde, durchaus berechtigt.

 



Die Diagnose eines Reizdarmsyndroms wird möglicherweise zu schnell gestellt

 

Poon D. und Kollegen (2022) analysierten die Daten vieler Studienergebnisse aus dem Zeitraum 1978 bis 2020 hinsichtlich der Häufigkeit anderer, sogenannter organischer Magen-Darm-Krankheiten bei Patient:innen mit typischen Reizdarmsymptomen. Die Prävalenz von Krankheiten, die mit chronischer Diarrhöe assoziiert wurden, gaben sie wie folgt an:

  1. 54 % und 43 % davon hatten eine Laktose- und Fruktose-Malabsorption
  2. 49 % litten an einer Dünndarmfehlbesiedlung (sogenannte SIBO)
  3. 41% der Patient:innen hatte einer Gallensäuren-Malabsorption
  4. 4,6 % hatten eine exokrine Pankreasinsuffizienz
  5. 3% hatten eine mikroskopische Kolitis

 

 

Laut diesen Daten litten eine Vielzahl der Patient:innen an behandelbaren Magen-Darm-Erkrankungen, die von ihren Ärzten jedoch nicht erkannt wurden. Ein Missgeschick, das hätte vermieden werden können. Denn diese organischen Magen-Darm-Krankheiten können nicht nur diagnostiziert, sondern im Nachhinein auch meist erfolgreich therapiert werden. Dadurch kann vermutlich das schlechte Ansprechen der derzeitigen RDS-Therapie erklärt werden sowie die Hälfte der RDS-Patient:innen leidet auch sechs Jahre nach der Diagnosestellung weiterhin an ernstzunehmenden Beschwerden.   

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