Behandlung des Leaky Gut Syndroms (LGS) und der bakteriellen Translokation (BT)

Behandlung des Leaky Gut Syndroms (LGS) und der bakteriellen Translokation (BT)

Derzeit gibt es keine medizinischen Richtlinien zur Behandlung oder Vorbeugung einer bakteriellen Translokation bei Patienten mit Leaky Gut Syndrom (LGS). In entsprechenden Studien wurde jedoch festgestellt, dass die speziellen therapeutischen Maßnahmen, die die LGS-Ursachen berücksichtigen und die Darmbarriere schützen können,  auch die negativen Effekte von LGS und BT verringern können. Im folgenden Beitrag können Sie sich über aktuelle Maßnahmen zur Behandlung der bakteriellen Translokation (BT) und des Leaky Gut Syndroms(LGS) informieren.



Umstellung der Ernährung

Studien zeigten, dass  bestimmte Nahrungsbestandteile einen Einfluss auf die Konzentration der für den Schutz der Darmbarriere verantwortlichen TJ(Tight-Junctions)-Proteine haben. Fructose beispielsweise oder chronisch erhöhte Blutzuckerwerte können die Darmbarriere (durch Verminderung der TJ-Proteine) stark beeinträchtigen. 

 

Nahrungsfette sind für unsere Gesundheit wichtig. Die vermehrte Aufnahme von Fetten kann jedoch zu Veränderung des Darmmikrobioms und zur chronischen Entzündung des Magen-Darm-Trakts führen. Die entsprechende Ernährung kann z.B. das Aufkommen  von Bifidobakterien (sie halten schädliche Bakterien fern) sehr stark verringern und zu einer ausgeprägten bakteriellen Translokation führen. Eine fettreiche Ernährung kann die Morphologie (den Aufbau) der Epithelzellen, das sind Zellen, die Grenzen bilden, im gesamten Darm verändern, was als Ursache für eine erhöhten Darmdurchlässigkeit angesehen wird. Es hängt jedoch von der Zusammensetzung der Diät ab,  z.B. führt eine Ernährung, die reich an gesättigten Triglyceriden (natürlich vorkommende Fette) ist, zur Dysbiose und anschließend zur BT, hingegen erzeugt Nahrung, die reich an ungesättigten Fettsäuren ist, diese Wirkung nicht..




Die westliche Ernährung ist vor allem durch eine starke thermische Verarbeitung der Speisen gekennzeichnet mit einem erhöhtem Anteil von kalorienhaltigen Lebensmittel, die gesättigte Fettsäuren, Proteine, Einfachzucker (Fruktose, Glukose und Galaktose) sowie Salz enthalten und einem eher geringen Anteil von pflanzlichen Lebensmitteln. Im Gegensatz dazu ist die sogenannte ‚Mittelmeerdiät‘ reich an einfach ungesättigten Fettsäuren, die aus Fisch und Olivenöl gewonnen werden. Diese Art der Ernährung enthält auch große Mengen an Ballaststoffen und pflanzlichen antioxidativen Verbindungen.  Eine mediterrane Diät kann zur Verringerung des LPS-Blutspiegels im Blut beitragen
§. Dickdarmbakterien verarbeiten die Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren, welche zur normalen Funktion der Dickdarmepithelzellen sorgen und daher zur  Aufrechterhaltung der Integrität der Darmbarriere beitragen.  Auf diese ausgewogene und ballaststoffreiche Diät umzusteigen bzw. eine Ernährungsumstellung sollte das primäre Ziel beim Nachweis einer erhöhten bakteriellen Translokation sein. 




Man hat auch bei Tierversuchen festgestellt, dass 
Koffein  das Vorschreiten der nichtalkoholischen Fettleberkrankheit durch die Stärkung der Darmbarriere verhindern kann§.  Scharfe Gewürze jedoch wie Cayennepfeffer, Chilipfeffer oder Paprika können die Darmbarriere  schwächen. Die Ingwerwurzel hingegen trägt zur Verbesserung der Darmflora bei, wie ebenfalls bei Versuchen mit Ratten gezeigt wurde§

 

Reduzierung des Alkoholkonsums

Bei den Krankheitsbildern LGS und BT wird die Leber meist als erstes Organ geschädigt.  In weitergehenden Studien hat man herausgefunden, dass der Genuss von Alkohol durch verschiedene Mechanismen ganz erheblich zur Störung der Darmbarriere und letztendlich zur Leberschädigung führt. Aus diesem Grund sollte im Rahmen einer LGS-Behandlung der Konsum von Alkohol stark reduziert werden. 

Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM):

Probiotika, also die sogenannten „guten“ Darmbakterien -Bifidobakterien und Lactobacillus – sind in Verbindung mit LGS und BT  schon oft in zahlreichen Studien  untersucht worden.   Der kombinierte Einsatz von  Bifidobakterien und Präbiotika zeigt eine positive Auswirkung auf den durch eine fettreiche oder ketogene (d.h. wenig Kohlenhydrate, aber viel Fett und etwas mehr Eiweiß im Vergleich zur normalen Mischkost) Ernährung geschädigten Darm. Durch den Einsatz von Lactobazillus rhamnosus kann sogar die Translokation von E.coli-Bakterien verhindert werden. 

 

Präbiotika können zur Verbesserung der Darmflora und damit allgemein zu einem besseren Gesundheitszustand beitragen. Sie bestehen hauptsächlich aus leicht fermentierbaren Kohlenhydraten. Eubacterium rectale  und Roseburia u.a. sind die Hauptbakterien, die Butyrat produzieren, das ist eine Fettsäure, die bei der Gärung von Kohlenhydraten entsteht  und die Kolonozyten (Zellen zum Aufbau der Darmschleimhaut) ernährt. Zahlreiche Studien zeigten die positive Wirkung von Präbiotika auf die menschliche Darmflora, was  indirekt darauf hinweist, dass diese Stoffe auch im Falle des Leaky Gut Syndroms und der bakteriellen Translokation  eingesetzt werden können. Die fünfwöchige Behandlung mit einer Paste, die mit 11% Inulin (Ballaststoff, der die nützlichen Darmbakterien füttert)  angereichert war, reduzierte bei gesunden Probanden die Darmdurchlässigkeit und den Zonulin-Blutspiegel (Marker für die Darmdurchlässigkeit)§Die  ballaststoffreichere Ernährung (hier von 19 g/Tag auf 29 g/Tag) führte innerhalb von 6 Monaten bei 90% der Patient:innen mit einer Fettleber zu signifikanten Reduktion der Zonulin-Blutspiegels sowie zur Verbesserung der Leberwerte, auch bei einer Fettleber§.

 

Bei der Behandlung des Leaky Gut Syndroms (LGS) und der bakteriellen Translokation (BT) sollte man sich stark auf die Normalisierung der Dysbiosen (Darmstörungen) und der Darmbarriere konzentrieren.


 


Aminosäuren
Vitamine und pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel haben vielseitige Wirkungen und können die Struktur und Funktion des Magen-Darm-Systems schützen.  Entsprechende Nahrungsergänzungsmittel sind – wie in leider nur vereinzelten Studien am Menschen nachgewiesen – in der Lage, die Dysbiosen zu normalisieren, entzündliche Prozesse im Darm zu reduzieren sowie die gestörte Darmbarriere  wiederherstellen zu können.   

 

Das Glutamin ist eine essentielle Aminosäure, die viele physiologische Prozesse im Organismus reguliert. Es reguliert die Herstellung bzw. die Synthese von Proteinen, es kann Ammoniak neutralisieren und wird von Darmepithelzellen bzw. der Darmschleimhaut als Hauptenergiequelle verwendet. Die positiven Effekte der Behandlung mit Glutamin  bei der Normalisierung der Darmbarriere  bzw. die positive Wirkung  bei  LGS und BT wurde in mehreren Studien – leider bis jetzt nur in Tierversuchen bzw. Zellkulturen – untersucht und eindeutig bestätigt§ Ein signifikantes Beispiel fand sich bei Ratten mit einer Sepsis (Blutvergiftung), da  konnte die Anreicherung des Futters mit Glutamin die Darmzellen vor einer entzündlichen Reaktion schützen. Das Glutamin kann die Funktion der Darmbarriere unterstützen. Auch die schädigende Wirkung eines Immunsuppressivums auf die Darmschleimhaut kann durch die Vorbehandlung mit Glutamin vermindert werden.§

 



Arginin
 ist eine essentielle Aminosäure, die eine entscheidende Rolle bei mehreren physiologischen Prozessen im Körper spielt. Genauso wie bei Glutamin wurden die positive Effekte auf LGS und BT bis jetzt nur an experimentellen Modellen bestätigt§. Das Arginin kann ebenfalls die Funktion der Darmbarriere sichern. Das Arginin kann zudem das Immunsystem stärken§.    

  

Das Vitamin D3 (VD3) findet sich hauptsächlich in Fischfleisch, Fischöl und Eigelb. Seine wichtigste Funktion ist die Aufrechterhaltung der Knochenstruktur und die Regulierung der Aufnahme von Mineralstoffen wie Calcium, Magnesium und Phosphat im Darm. Daneben ist VD3 auch an der Regulierung des Immunsystems und der Darmfunktion beteiligt. Die Vorbehandlung einer Zellkultur mit VD3 bewies,  dass die Darmdurchlässigkeit und damit einhergehende Störungen im Magen-Darm-Trakt signifikant vermindert werden können, auch Darmdysbiosen können sich normalisieren.§ Auf die Darmpermeabilität bei Menschen ist die Wirkung von Vitamin D eher umstritten.

 

Das Vitamin A kommt in Butter, Milchprodukten, Eigelb und Gemüse, Karotten, Paprika, Spinat und Süßkartoffeln vor. Dieses Vitamin  fördert ein gutes Sehvermögen sowie die Immunabwehr und Darmgesundheit. Wie man durch Tierversuchen an Mäusen nachweisen konnte, schützt die Vorbehandlung mit Vitamin A wie bei dem Vitamin D vor Durchlässigkeit der Zellkulturen§.

 

Ascorbinsäure kann hingegen die Darmdurchlässigkeit verschlechtern. Eine Studie kam zu dem überraschenden Ergebnis, dass die Einnahme von Ascorbinsäure (500 mg) beispielsweise die negativen Folgen  der Aspirin-Therapie bezüglich der Darmdurchlässigkeit nicht verminderte,  sondern zusätzlich verstärkte§ 

 

Da es dazu aber zu wenige Studien gibt, kann die Vitamin -D/A Therapie nur als „off-lable-use“ (nach Absprache mit dem behandelnden Arzt)  und eher bei nachgewiesenem Vitamin D/A-Mangel empfohlen werden. Sie können sich ggf. mit unserem Laborprofil „Verdacht auf Vitaminmangel“ testen lassen

 

Sekundäre Pflanzenstoffe (SPS) spielen keine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung einer Körperfunktion. Sie werden wegen ihrer antioxidativen, gefäßerweiternden, antibakteriellen, schmerzlindernden, das Immunsystem modulierenden und die Leber schützenden Wirkung bei Patient:innen oder auch bei Gesunden prophylaktisch gerne verwendet. Sie können bei schweren Krankheiten nicht eingesetzt werden, jedoch  als unterstützende Therapie. Studien zeigten die positiven Effekte der SPS auf die Darmdurchlässigkeit. Z.B. konnte – abhängig von der Dosis – ein  Extrakt aus Rotwein die Darmpermeabilität  verringern§. Eine Mischung aus fermentierter Gerste und Sojabohnen kann die bakterielle Translokation, den Übertritt von schädlichen Bakterien in das Blutsystem,   verhindern und erhöht die Präsenz von so nützlichen Milchsäurebakterien wie Lactobacilli spp im Dickdarm§. In Tierversuchen konnte auch die positive, antientzündliche Wirkung von Quercitrin bewiesen werden§. Die Stoffe Berberin (aus der Berberitze), Kurkuma (Gelbwurz), Resveratrol (besteht aus Polyphenolen, den natürlichen Abwehrkräften von Pflanzen) Baicalin (Helmkraut), Rhein ((konnte ich nicht finden!!)), Anthocyane (Pflanzen-Farbstoffe) zeigten ebenfalls positive Ergebnisse.§




Medikamentöse Therapiemöglichkeiten

Eine spezielle Diät, Nahrungsergänzungsmittel und Prä- bzw. Probiotika können also die Integrität der Darmbarriere verbessern und somit die bakterielle Translokation im Anfangsstadium verhindern. Die schwere Formen der LGS und BT erfordern jedoch den Einsatz von medikamentösen Therapien. Eine niedrig dosierte Antibiotikatherapie kann zur vereinzelten Reduzierung von Darmbakterien und ggf. Pilzen eingesetzt werden. Durch Verminderung der Bakterien und Pilze kann die Vorbelastung des Körpers abgeschwächt werden. Die Therapie kann gleichzeitig das Wachstum von “gesunden“ Bakterien wie z.B. Lactobacillus spp. fördern, welche die Integrität der Darmbarriere nachweislich schützen können. Die Effizienz dieser Strategie wurde – vor allem in Bezug auf den unkontrollierten Austritt von Bakterien (bakterielle Translokation oder auch BT) in mehreren Tier- und Humanstudien  bestätigt. Ein Antibiotikum ist besonders bei Patient:innen mit Leberzirrhose, Aszites (krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum)  und Nieren- oder Leberversagen zur Verringerung von BT durch amerikanische und europäische Gesellschaften empfohlen. Eine Antibiotika-Therapie ist zur Prävention des LGS und BT effektiv, sie sollte jedoch aufgrund der Gefahr einer Antibiotikaresistenz und der Entwicklung von Dysbiosen (Ungleichgewicht der Darmflora) nur bei Patienten mit schweren Erkrankungen angewendet werden. Auch die Therapie mit Prokinetika wurde im Literatur oft diskutiert.

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