Darmkrebsvorsorge

Für Darmkrebs bestehen insgesamt gute Heilungschancen, wenn die Erkrankung in einem frühen Stadium erkannt wird. Aus diesem Grund wurden verschiedene KRK-Screening-(Vorsorge)-Programme entwickelt, die inzwischen  in vielen verschiedenen europäischen Ländern angeboten werden. Jede(r) gesetzlich Versicherte in Deutschland hat Anspruch auf regelmäßige Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs. Dazu gehört die Darmspiegelung (Koloskopie), für Männer ab 50 Jahren und  Frauen ab 55 Jahren. Durch diese Programme können auch Patient:innen mit erhöhtem KRK-Risiko wie z.B. mit einem fortgeschrittenen Adenom frühzeitig erfasst und behandelt werden.

Die Koloskopie (Darmspiegelung) stellt die effektivste Methode zur Früherkennung von Darmkrebs dar, denn hier  können die potenziellen Vorläufer einer Krebserkrankung, die fortgeschrittenen Adenome, volkstümlich auch ‚Polypen‘ genannt, entdeckt und erfolgreich entfernt werden. Bei den Patient:innen ist diese Vorsorgeuntersuchung allerdings nicht sehr beliebt, weil zuvor eine Darmentleerung über mehrere Tage stattfinden muss und für die Untersuchung selbst eine Kurznarkose erforderlich ist. Nur 2,7 % der krankenversicherten Personen in Deutschland machen von ihrem Recht auf eine Darmspiegelung Gebrauch. Alternativ dazu bietet sich ein sogenannter quantitativer, immunologischer Stuhltest (iFOB-Test) an. 

Nachweis von okkulten Blut im Stuhl (iFOB-Test, iFOBT)

Dieser sogenannte iFOB-Test wird zur Früherkennung von Darmkrebserkrankungen in den Screening-Richtlinien der Europäischen Kommission empfohlen. Seit 2017 ist der Test auch Bestandteil des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms in Deutschland. 

Dazu wurden in der Vergangenheit zahlreiche Studien durchgeführt, welche die klinische Bedeutung des iFOB-Tests untersuchten. Diese Studien kamen zu einem wichtigen Ergebnis: Anhand von  negativen Stuhltestergebnissen ggf. in Kombination mit normalem Hämoglobin-Wert (um gleichzeitig  eine Blutungsanämie auszuschließen) konnte eine entsprechende Erkrankung mit einer fast 100%igen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Der Test ist daher sehr gut dazu geeignet, eine bestehende Krebserkrankung bzw.  ein fortgeschrittenes Adenom auszuschließen, aber nicht dazu geeignet, mit Sicherheit eine bestimmte Erkrankung nachzuweisen. Der  iFOB-Test  für die Darmkrebsvorsorge  hat sich als signifikant überlegen§ gegenüber den anderen handelsüblichen Tests herausgestellt   

Testnachteile

Die Test-Empfindlichkeit (Verlässlichkeit) liegt bei etwa 25% für eine Diagnose auf Darmkrebs. Das bedeutet, dass nur bei jeder vierten Patient:in (25 %) mit einem positiven iFOB-Testbefund eine Darmkrebserkrankung durch eine später vorgenommene Darmspiegelung (Koloskopie) bestätigt wird. Was an diesem Verfahren  bemängelt werden muss, ist die Tatsache, dass  nicht blutende Polypen und Tumore damit nicht erkannt werden. Beispielsweise kann der iFOB-Test  bei etwa 4 bis 5 % der Patient:innen mit Hochrisiko-Adenomen ‚falsch negativ‘ ausfallen.  Und es ist auch möglich, dass der Test ‚falsch positiv‘ bei nicht bösartigen Darmkrankheiten mit blutenden Quellen (wie z.B. Hämorrhoiden oder Risse im Analbereich) ausfällt.

Deshalb bietet es sich an, parallel einen Tumormarker namens ‚M2-PK‘ zur Unterstützung der Testergebnisse zu bestimmen. 

Der Stuhltest zum Nachweis von M2-Pyruvatkinase (M2-PK)

Pyruvatkinase (PK) ist ein im Zellstoffwechsel unentbehrliches Enzym, welches eine wichtige Rolle beim Zellwachstum spielt. Es sind vier unterschiedliche gewebsspezifische Einheiten des Enzyms bekannt. Das Pyruvatkinase-Isoenzym (Typ-M2) ist hauptverantwortlich für die Steuerung des Stoffwechsels bei schnellwachsenden Zellen. Das M2-PK kann daher als metabolischer, also stoffwechselbedingter Biomarker dienen und es ist möglich, dass man mit seiner Hilfe bzw. durch die Bestimmung der Konzentration dieses Enzyms sowohl blutende als auch nicht blutende Tumore und Adenome erkennen kann. 

Zahlreiche Studien zeigen einen signifikanten Anstieg der M2-PK-Konzentration bei Patient:innen mit  Tumoren. Erhöhte M2-PK-Werte im Blut findet man auch bei den unterschiedlichsten Tumorarten wie z.B. beim Melanom (Hautkrebs) sowie bei Nierenzell-, Bronchial-, Pankreas (Bauchspeicheldrüsen)-Karzinomen. Dieser Test wurde in der Vergangenheit bereits auch zur Überwachung von Rückfällen oder Therapieerfolgen genutzt. 

Eine erhöhte Konzentration des M2-PK-Enzyms im Stuhl kann auf eine bestehende Darmkrebserkrankung und Adenomen hindeuten und ein negatives M2-PK-Testergebnis (das Enzym lässt sich nicht oder nur im geringem Ausmaß nachweisen) kann mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 95 % das Vorhandensein von Darmkrebskarzinomen ausschließen§

Testnachteile

Mehrere Studien zeigten auf, dass Adenome bei dieser Testart meist erst erkannt werden, wenn sie eine gewisse Größe haben. Man stellte fest, dass nur 25% der Patient:innen mit Adenomen, die einen kleineren Durchmesser (also kleiner als 1 cm) hatten, einen positiven M2-PK Stuhltest vorwiesen, hingegen 44 % der Patient:innen, die Adenomen mit einem Durchmesser, der größer als 1 cm war, erfasst wurden§

Da dadurch eine nicht unerhebliche Zahl von Patient:innen mit KRK und Adenoma übersehen werden kann, kann der M2-PK-Stuhltest als alleiniger Test nicht empfohlen werden. Er kann jedoch zur Unterstützung des iFOB-Test besonders bei Patient:innen mit hohem KRK-Risiko und einem negativen iFOBT-Ergebnis, und bei Personen, die eine Koloskopie (trotz ihrer offensichtlichen Effektivität) ablehnen, eingesetzt werden§

Der Biomarker M2-PK wird zudem nicht nur bei Darmkrebs freigesetzt: Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Pouchitis (Dickdarmentzündung) oder Divertikulitis (Dickdarmschleimhautentzündung) weisen ebenfalls erhöhte Werte auf. Daher sollten noch weitergehende Untersuchungen wie Darm- oder Magenspiegelungen durchgeführt werden, ehe man zu einer sicheren Diagnose gelangen kann.

Eine Koloskopie wird dringend indiziert, wenn ein oder die beiden Stuhltests positiv sind

Die zusätzlichen Bluttests dienen als indirekter Marker, um  klinisch relevante Blutungen im Magen-Darm-System  und im Zusammenhang mit den iFOB- und M2-PK-Stuhltestergebnissen, richtig zu beurteilen. 

Wann können Sie die Darmkrebsvorsorge anfordern (2 oder mehr sollen zutreffen)?

  1. Bei Ihnen wurde keine Koloskopie in den letzten 5 Jahren durchgeführt.   
  2. Männer ab 50 Jahren und  Frauen ab 55 Jahren. 
  3. Sie lehnen derzeit eine Koloskopie ab.  
  4. Sie haben einen Teerstuhl oder Darmblutungen (nicht aus Hämorrhoiden)
  5. Sie haben einen unklaren Eisenmangel oder eine Eisenmangelanämie  
  6. Ihre chronischen Magen-Darm-Beschwerden lassen sich sehr schwer behandeln
  7. In der Familie sind das kolorektale Karzinom und Darmpolypen oder andere Magen-Darm-Risikokrankheiten bekannt.